Es gibt traditionelle extensive
Wirtschaftsmethoden, die schnell in Vergessenheit
geraten, wenn sie einmal aufgegeben werden. Das
gilt für die Weidewirtschaft in Mitteleuropa, die
jahrhundertelang betrieben wurde und die unsere
gewachsene Kulturlandschaft mit geprägt und
gestaltet hat.
Wanderschäfer mit ihren Herden
waren bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts
in ländlichen Gegenden ein bekannter Anblick,
heute sind sie hingegen fast vergessen. Schafe und
Ziegen können auch auf kargen Flächen noch Nahrung
finden, sie benötigen nicht unbedingt Fettwiesen.
Im Fell können sie Pflanzensamen auch über größere
Entfernungen weitertragen.
In historischer Zeit war die
Wanderhüte weit verbreitet, so dass es ein
regelrechtes Netzwerk in Europa gegeben hat. Auf
diese Weise ist es durchaus zu erklären, dass
Pflanzen, deren Samen nicht klein sind und leicht
durch den Wind verfrachtet werden können, auf
geeignete Flächen geraten können. Man vermutet,
dass viele der aus dem Mittelmeerraum stammenden
Pflanzen auf diese Weise ins nördliche Europa
gelangen konnten und dort Magerwiesen oder
Sandrasen besiedelten.
Ähnlich könnte es sich auch mit
Pflanzen aus den Steppengebieten im Osten
zugetragen haben, zum Beispiel im Zuge der
Völkerwanderungen. Zu jener Zeit war die
Bevölkerungsdichte bereits so hoch in
Mitteleuropa, dass durch Rodungen immer viele
baumfreie Flächen zur Verfügung standen. Die
Wanderhüte wird dazu beigetragen haben, dass sich
freie Flächen auf nährstoffarmen Böden halten
konnten und nicht der Verbuschung anheim fielen.
Auf vielen Halbtrocken- und Sandrasen muss heute
der Mensch durch Mähmaßnahmen helfen, um ein
Zuwachsen zu verhindern.
Tatsächlich wird die Beweidung
inzwischen wieder als Naturschutzmaßnahme eingesetzt,
so unter anderem auf der Viernheimer Heide in
Hessen - dort mit Schafen und Eseln. Es ist
geplant, auch für das Landschaftsschutzgebiet
Hirschacker-Dossenwald in Zukunft Schafe
anzuschaffen.
2019 wurde in Sandhausen ebenfalls ein
Beweidungsprojekt mit einer Herde aus Eseln,
Ziegen und Schafen begonnen.