Als
Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, die durch
anthropogenen Einfluss in ein Gebiet oder eine größere
geographische Einheit gelangt sind, und die eigentlich
ursprünglich dort nicht vorkommen. Häufig breiten sich
solche Pflanzen wegen der Abwesenheit von Fressfeinden
und Parasiten ungehindert aus und werden zur Bedrohung
der einheimischen Flora. Man bezeichnet solche
Pflanzen dann als invasiv.
Zur
größten Einschleppung von Neophyten kam es nach der
Entdeckung Amerikas, und zwar sowohl auf dem
amerikanischen Kontinent als auch in Europa.
Ein Beispiel für eine invasive
Art der schlimmeren Sorte ist der Japanische
Staudenknöterich. In der Schwetzinger Hardt wächst er
an vielen Stellen entlang des Hardtbaches und breitet
sich mehr und mehr aus. Es ist nahezu unmöglich, diese
Art wieder loszuwerden. Der Staudenknöterich wird bis
zwei Meter hoch, wächst sehr schnell und verdrängt
andere Pflanzen. Außerdem beschatten er den Hardtbach
stark. Teile des Hardtbachs sind als FFH Gebiet
ausgewiesen, weil es verschiedene schützenswerte und
seltene Arten gibt, so unter anderem die Grüne
Flussjungfer, eine sehr seltene Libellenart.
Zu
unterscheiden sind Neophyten von solchen
gebietsfremden Pflanzen, die bereits vor 1492
eingeführt wurden, zum Beispiel viele unserer
sogenannten Acker-„Unkräuter“ - man spricht hier von
Archaeophyten. Außerdem befinden sich aufgrund des
Klimawandels auch sehr viele wärmeliebende Pflanzen in
Ausbreitung nach Norden. Obwohl der Klimawandel auch
anthropogene Ursachen hat, ist die Arealausdehnung
solcher Arten natürlich und wird daher von den meisten
Fachleuten akzeptiert.
Selbstverständlich gibt es auch Tierarten, die in
vergleichbarer Art und Weise eingeschleppt wurden und
zur Bedrohung werden können. Ein bekanntes Beispiel
ist der Buchsbaumzünsler, eine Schmetterlingsart aus
China. Die Raupen des Buchsbaumzünslers fressen bei
uns ausschließlich auf dem Buchsbaum und können ganze
Bestände zerstören. Insbesondere bei Gartenfreunden
ist der Buchsbaumzünsler deswegen nicht beliebt.
Heute kommen Neophyten gerade durch
die Gärten von "Pflanzenliebhabern" in die freie Natur.
So wird der Sommerflieder in seinen Varianten sehr gerne
gepflanzt, obwohl er invasives Potential hat. In anderen
Ländern, wie zum Beispiel der Schweiz, ist daher der
Handel, Erwerb und Besitz von einer Reihe von Neophyten
streng verboten. Eigentlich ein konsequenter Schritt,
über den man auch in Deutschland nachdenken sollte.
Hier einige Beispiele für Neophyten:
Wissenschaftlicher
Name
Deutscher Name
Herkunft
Ailanthus altissima
Götterbaum
China
Claytonia perfoliata
Gewöhnliches
Tellerkraut
Nord- und
Mittelamerika
Conyza canadensis
Kanadischer
Katzenschweif
Nordamerika
Cynodon dactylon
Gewöhnliches
Hundszahngras
Indien
Diplotaxis tenuifolia
Schmalblättriger
Doppelsame
Mittelmeerraum
Erigeron annuus
Einjähriger
Feinstrahl
Nordamerika
Mahonia aquifolium
Gewöhnliche
Mahonie
Nordamerika
Oenothera biennis agg.
Großblütige
Nachtkerzen, Artengruppe
Nordamerika
Parthenocissus inserta
Fünfblättriger
Wilder
Wein
Nordamerika
Phytolacca americana*
Amerikanische
Kermesbeere
Nordamerika
Prunus laurocerasus*
Kirschlorbeer
Südosteuropa,
Kleinasien,
Kaukasus
Prunus serotina*
Spätblühende
Traubenkirsche
Nordamerika
Robinia pseudoaccacia*
Robinie
Nordamerika
Senecio inaequidens*
Schmalblättriges
Greiskraut
Südafrika
Solidago canadensis*
Kanadische
Goldrute
Nordamerika
Kein Neophyt, aber als invasiv*
einzustufen
Calamagrostis epigejos*
Land-Reitgras
Mitteleuropa
Weitere
invasive Neophyten (aber nicht auf den
Sandrasen vorkommend):
Impatiens grandulifera
Drüsiges
Springkraut
Himalaya
Fallopia japonica
Japanischer
Staudenknöterich
China, Korea,
Japan
Heracleum giganteum
Riesen-Bärenklau
Kaukasus
Ambrosia artemisiifolia
Beifußblättriges
Traubenkraut, Ambrosia
Nordamerika
Buddleja davidii
Sommerflieder
China, Tibet
Neophyten werden kontrovers
diskutiert - von "gar nicht so schlimm" bis hin zu "große
Plage".
Hier ein paar Beispiele zur Problematik von Neophyten:
Robinie:
Die Robinie stammt ursprünglich
aus Nordamerika, wo sie in natürlichen Wäldern eine
Art Pionierpflanze darstellt, die nach
katastrophalen Veränderungen die Wiederbesiedelung
einleitet.
Die Robinie wurde bereits im 17.
Jahrhundert in Europa eingeführt. Sie bildet relativ
viele Samen und kann sich außerdem durch
Wurzelstöcke verbreiten. In Europa kann sie sich an
sehr viel trockeneren Standorten als in der
nordamerikanischen Heimat durchsetzen, so auf
Sandböden und Kalkmagerrasen.In der
Forstwirtschaft ist die schnell wachsende Robinie
beliebt.
Auf den Sandböden in
Oberrheingebiet hat die Robinie auch durch ihre
Symbiose mit Stickstoff-fixierenden Bakterien
Vorteile gegenüber der natürlich dort vorkommenden
Flora. Sandmagerrasen werden mit Nährstoffen
angereichert. Auf Rodungen und Freiflächen setzt
sich die Robinie als erstes durch und verhindert die
Ansiedlung der typischen Sandrasen-Arten.
Späte Traubenkirsche:
Auch die Spätblühende
Traubenkirsche stammt aus Nordamerika. Die Pflanze
gedeiht besonders gut auf feuchten Sand- und
Lehmböden, sie kommt auch gut mit nährstoffarmen
Böden zurecht. Ursprünglich wurde sie als
Pionierpflanze zur Wiederaufforstung geschätzt. Doch
es stellte sich heraus, dass sie in Mitteleuropa
meist nur als Strauch und nicht als größerer Baum
wächst. Die dichte Strauchschicht verhindert die
Naturverjüngung anderer Baumarten. In der
Forstwirtschaft bedeutet es mittlerweile sehr viel
Arbeit, die Späte Traubenkirsche zu bekämpfen.
Manche Experten vermuten, dass
die Späte Traubenkirsche bei einer natürlichen
Sukzession wieder zurückgedrängt würde – allerdings
ist eine natürliche Sukzession in Mitteleuropa mit
den wirtschaftlich genutzten Forsten nicht
vorgesehen.
Amerikanische Kermesbeere:
Eine weitere aus Nordamerika
stammende Art ist die Amerikanische Kermesbeere. Sie
ist wärmeliebend, anspruchslos und kommt mit Sonne
und Halbschatten zurecht. In den letzten Jahren
erwies sie sich in den Kiefernwäldern der
Schwetzinger Hardt als invasiv. In einigen Bereichen
finden sich Massenbestände im lichten Kiefernwald.
Die Bekämpfung ist aufwändig, die Pflanzen müssen
mit Wurzeln ausgerissen werden, und sie dürfen nicht
direkt auf dem Boden liegen bleiben, da sie wieder
anwachsen können.
Auf Kahlschlägen siedeln sich
binnen kürzester Zeit große Mengen der Kermesbeere,
aber auch der Robinie und Späten Traubenkirschen an.
Für die Forstwirtschaft ist es mitunter sehr
aufwändig, solche Flächen aufzuforsten. Im zweiten
oder dritten Jahr schon kostet es große Mühe, die
Setzlinge unter den Neophyten noch zu finden.
Die Beispiele zeigen, dass
unterschiedliche Ausgangs-Standpunkte zu unterschiedlichen
Einschätzungen führen.
Die Forstwirtschaft beurteilt manches anders als der
Naturwissenschaftler. Wirtschaftliche Erwägungen treffen
auf die
Konzepte von Naturschutz und Erhaltung der Artenvielfalt.
Ein naturwissenschaftlicher Ansatz wird die Erhaltung der
Artenvielfalt zunächst einmal als ein erstrebenswertes Gut
ansehen.
Der Mensch steht nicht außerhalb der Evolution, die
heutige Vielfalt ist das Ergebnis von Jahrmillionen.
Artenvielfalt ist ferner die Basis für kommende
Evolutionsschritte.
Ein ganz praktischer Gesichtspunkt ist die menschliche
Ernährung: hochgezüchtete Kulturpflanzen
sind oft genetisch verarmt, es ist daher oft
erstrebenswert, auf die genetische Vielfalt der Wildformen
zurückgreifen zu können.
Viele Menschen erkennen aber auch den ideellen Wert einer
vielfältigen und artenreichen Natur an,
ähnlich wie wir es bei kulturellen Zeugnissen vergangener
Epochen tun. Wenn seltene und außergewöhnliche Kunstwerke
erhaltenswert sind, warum dann nicht auch seltene und
schöne Pflanzen und Tiere?
Invasive Neophyten bringen gewachsene Artengemeinschaften
in Gefahr, vor allem
bedrohen sie die ohnehin raren und schützenswerten Reste
der Natur in einer
vom Menschen geprägten und gestalteten Landschaft.